Donnerstag, 19. März 2009

Russische Verhältnisse in Hannover: Buerger-Radio wird abgeschaltet, Will-Merkel-Interview gleichzeit auf rund 10 Radio- und TV-Frequenzen

Und wieder wird ein Stück Informationsvielfalt beseitigt. Nach grade mal 12 Jahren Sendebetrieb auf UKW wird Ende dieses Monats das lokale Bürgerradio abgeschaltet, weil die Sendelizenz nicht verlängert wurde, die bekommt nun ein Privatsender. Davon haben wir ja so wenige.

"On Air war gestern, on-line ist heute," meint man bei Radio Flora, und geht nun ins Internet. Also: Freiluft war gestern, heute hängt man doppelt an der Leine.

Letzten Sonntag Abend gegen 22 Uhr suchte ich im Radio nach Hörenswertem und dachte ich trau meinen Ohren nicht, als ich die Stimme von Anne Will und Kanzlerin Merkel höre, zur TV-Christiansen-Zeit und auf Langwelle. Fernsehton im Radio. Beim Weiterkurbeln konnte ich das Interview noch an weiteren Stellen auf mehreren Wellen hören. Am Ende kam heraus, dass die Talk-Show nicht nur wie üblich gleichzeitig in der ARD und auf EinsExtra ausgestrahlt wurde, sondern in einer Übernahme von Deutschlandfunk und Deutscher Welle. Insgesamt wurde das Interview über alle Radio- und TV-Wellen hinweg samt Internet gleichzeitig auf rund 10 Kanälen gesendet. "Radio Gegenöffentlichkeit" hingegen wird nun abgeschaltet. Staatsfunk total.

Von aussen sieht es wie ein ganz normaler Verwaltungsakt aus, als habe die zuständige Landesmedienanstalt die Sendelizenz nunmal nicht verlängert (warum ist die überhaupt so befristet?), Verwaltung und Beamte eben, wofür die schon ihre regulären Gründe haben werden. Tatsächlich gleichen sich hinter den Kulissen aber die Mittel und Methoden, mit denen auch solche Bürgeraktivitäten, also Vielfalt und Demokratie, vom Machtapparat systematisch kanalisiert und sabotiert werden, wie sie die russische Journalistin Anna Politkowskaja über ihr Land beschrieben hat (Russisches Tagebuch), das ihrer Meinung nach keine Demokratie sei. Auf Grund der Gegebenheiten ist davon auszugehen, dass Radio Flora systematisch von Geheimdienstleuten unterwandert und infiltriert wurde, die von innen her den Sender gegen die Wand gesteuert haben, indem sie alles getan und unterlassen haben, damit Flora über die Jahre fast alle Hörer verliert. Denn so dumm und ignorant können sich keine gesellschaftlich ehrlich engagierten Leute anstellen. Da hat der Geheimdienst-Apparat gezielt die Sache der freien Bürgerbeteiligung im Rundfunk sabotiert. So wird echte Demokratie unmöglich gemacht. Ohne wirklich demokratische Radio- und TV-Medien keine Demokratie im Land. Übrigens sind auch die üblichen Staatsfunksender von Geheimdienstleuten unterwandert und infiltiert, und Moderatoren mit Mobbing-Aufträgen versehen. Allerdings ist deren Auftrag eben nicht, diese Massenmedien gegen die Wand zu fahren, sondern in ihrem Sinne optimal zu nutzen.

Mittwoch, 4. März 2009

Wühlarbeiten im Untergrund

"Gedächtnis der Stadt Köln ist ausgelöscht", sagte der Kölner Oberbürgermeister Schramma nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs.
Der Verlust ist angeblich noch grösser als der "Gedächtnisverlust" der Anna-Amalia-Bibliothek durch den Brand vor einigen Jahren.

Interessant ist, dass beide Katastrophen im Prinzip vermeidbar gewesen wären.

Ob es einen Zusammenhang gibt: Während der Staat einerseits durch totalitäre Überwachung immer mehr privates Wissen stiehlt und ansammelt, verliert er anderseits immer mehr historisch-gesellschaftliches Wissen.
Man löscht aus unserem Gedächtnis, sowohl wie frei und gut Menschen früher leben konnten, aber auch wie tief die Zugriffe der Staatsmacht schon immer waren. Wessen Interessen nützt dieser "Gedächtnisverlust"?