Mittwoch, 2. März 2011

Filmkritik: They live! von John Carpenter

Mit dem Protagonisten, dem Plot und der Machart des Films wird sicherlich eher ein Unterschichtenpublikum angesprochen, das ist also die Zielgruppe, der Adressat der Botschaften. Die im Film mittels spezieller Brillen entlarvten geheimen Botschaften, sind auch für die damalige Zeit ein alter Hut (Gehorche, Konsumiere, Heirate und Vermehre Dich!), schon die Hippies in den 60ern hatten das entlarvt. Wir wissen aber aus der Geschichte, dass viele Forderungen und Parolen von Randgruppen später zu Mainstream werden. Beispiel Ökobewegung: Ab Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre eine der Lächerlichkeit ausgesetzte Randgruppe vermeintlicher Spinner und Weltverbesserer, heute werden deren damalige, angeblich idiotische Forderungen vom heutigen Mainstream mit einer Totalität und Radikalität der Bevölkerung eingebläut, die schon diktatorische Züge trägt (Ernährung und Urlaubsverhalten nach C02-Kriterien). Wenn obiger Film weniger ein aufklärerischer, sondern eigentlich ein verkapptes Machwerk der wahren Macht ist, dann sind also die im Film enthüllten geheimen, bösen Botschaften womöglich das Gegenteil. Gehorche! ist böse; oder? Klar, aber die siegreiche Strategie der Macht heisst heute doch tatsächlich "Verführung" und "Manipulation". Also Befehlsverweigerung hilft da nicht. Konsumiere! ist böse; oder? Nur für die Unterschicht; die soll sich mit wenig bescheiden. Denn wer nicht viel konsumiert, der braucht auch nicht viel Lohn. Heirate und vermehre dich! sind doch rückschrittliche, konservative Werte, also böse; also ihr Gegenteil doch gut; oder? Die moderne Wirtschaft will Arbeitskräfte möglichst ohne soziale und örtliche Bindungen, also Zeit- und Wanderarbeiter, die schnell überall einsetzbar sind. Solche Leute werden auch von den modernen Freiwilligen-Armeen gebraucht. Wer liiert ist und Kinder hat, ist sozial und örtlich gebunden, also wirtschaftlich und militärisch weniger gut verwertbar. Also, wer versucht das Gegenteil dessen zu tun, was die geheimen Botschaften des Bösen im Film sagen, der tut eigentlich das was die wahre Macht heute und wohl schon damals wirklich will.
Die speziellen Brillen sind mit sog. Hoffmann-Linsen ausgestattet. Entweder ist das ein Verweis auf den Erfinder des LSD, der heisst allerdings Hofmann - das macht Wikipedia - oder es verweist auf einen Entdecker der Gravitationswellen. Interessanterweise liefert MS Encarta Enzyklopädie 2000, sucht man Hoffmann, einen Verweis auf das Erdmagnetfeld. Einiges spricht für die LSD-Interpretation (beispielsweise die Weigerung des Kollegen, sich die Brille mal aufzusetzen) einiges aber auch für einen Bezug zu Magnetismus und Gravitation (nicht nur, dass zur Entstehungszeit des Films die Hippiezeit mit ihrer Drogeneuphorie lange vorbei war). Interessant auch, dass die mediale Manipulation der Bevölkerung eben nicht durch die Medienbotschaften selbst oder irgendwelche geheimen Zwischenbotschaften verursacht sein soll, sondern durch eine spezielle Zusatzeinrichtung, einen speziellen Sender. Das geht über die gängige Kritik an den Massenmedien hinaus. Entweder ist etwas tatsächlich Zusätzliches gemeint, oder aber es soll von einem tatsächlichen Wegnehmen, einem Weniger, nämlich einem speziellen Beobachten, Überwachen, Ausspionieren der Bevölkerung durch die Medien, abgelenkt werden.