Montag, 17. August 2020

Das zentrale Herrschaftsprinzip

Die Befriedigung von Grundbedürfnissen kann man nicht kaufen, damit lässt sich also auch kein Geld verdienen.
Darum gehört es zum Grundprinzip der Herrschenden, die Befriedigung von Grundbedürfnissen systematisch zu verhindern, um mit der Ersatz-Befriedigung der aus den unbefriedigten Primärbedürfnissen entstehender Sekundärbedürfnisse den dicken Reibach zu machen.
Liebe, echte Anerkennung, natürliche Solidarität, Empathie, freie Zeit, usw. werden darum kaputt gemacht; der, die, das Passendste wird durch weniger Passenderes ersetzt - um mit der Befriedigung der Rest-Unzufriedenheit dann Profit machen zu können.
Wir kennen das im Bereich Produkte unter dem Namen "geplante Obsoleszenz", aber das Prinzip wird überall angewendet - auch im zwischenmenschlichen Bereich.
Das wird immer mehr möglich etwa durch totale Überwachung: dadurch kennen die Überwacher unser aller Vorlieben und Abneigungen.
Wenn dann der Lieblingssachbearbeiter oder -verkäufer, der Lieblingspfleger oder -arzt oder das Lieblings-Produkt dann plötzlich nicht mehr da oder für uns nicht mehr zuständig ist, kann mit der daraus entstehenden Frustration wieder Geld verdient werden.
Wir werden auch darauf konditioniert und wissen es allmählich auch: Gutes verschwindet, und wird durch weniger gutes ersetzt. Aber das Gute verschwindet nicht einfach, es wird gezielt beseitigt.
Ständig wird uns gut passendes weggenommen, und durch etwas weniger gut passendes ersetzt.
Während es früher nur die Befriedigung der Grundbedürfnisse gab, sind wir heute umgeben von einer Cloud aus Erstazbefriedigungen umgeben.
Statt tiefe Gefühle von den Mitmenschen unseres direkten Umfeldes, kommt heutige Gefühlsleidenschaft aus den Lautsprechern und Bildschirmen voller Popstars, die jedes erdenkliche Gefühl für jede erdenkliche Lebenslage überoptimiert durch unsere wichtigsten zwei Sinneskanäle - Augen und Ohren - in unser Nervensystem transportieren - und beim Besuch  eines Live-Konzerts kommt dann noch das auch körperlich spürbare Wir-Gefühl mit den anderen Besuchern dazu - mehr Ersatz für fehlende Liebe und Leidenschaft mit Mitmenschen im Alltag geht nicht.
In unserem übertechnisierten Alltag sind wir emotional so durstig und ausgehungert, dass wir gierig nach den Ersatzgefühlen aus Popmusik und Spielfilmen sind, dass wir gerne unser Geld für diese schönen, gefühlvollen Superstars ausgeben - die Hand-in-Hand mit den Überwachern zu Multimillionären werden - während wir wie eine Herde Schafe oder Kühe, die gemolkenen - und manche auch die geschlachteten - Nützlinge sind.

Es heißt, jede Hochkultur gründe auf irgend einer Form von Grausamkeit.

Zum Superstar gehört offenbar vor allem auch die Fähigkeit, den Widerspruch zwischen der grausamen Grundlage der zeitgenössischen Pop-Kultur und ihrem schönen Schein auszuhalten und dem Publikum dennoch hohe Werte und Liebe per Musik zu predigen - Unterhaltung als wichtige Systemstütze. Wohl auch dafür werden unsere Stars reich belohnt.