Montag, 22. Oktober 2012

Pang nat det - die Punkszene Indonesions lebt

Vielleicht dank der aktuellen „Pussy Riot“ machte der ZDF Kulturkanal kürzlich einen Punk-Abend und zeigte u.a. eine interessante Reportage über die vielleicht grösste Punkszene der Welt: ein TV-Team begleitete eine schwäbische Punkband zu Konzerten in Indonesien. Für ihre Konzerte bekamen die Schwaben kein Geld und flogen angeblich auf eigene Kosten um den halben Erdball, aber wurden in der indonesischen Punkszene kostenlos verpflegt und untergebracht. Die Indonesier glaubten wohl, eine musikalische Gruppe deutscher Systemverweigerer eingeladen zu haben, die Reportage zeigte hingegen bieder und arriviert wirkende Bandmitglieder, die augenscheinlich überwiegend normalen Berufen nachgehen und in normalen Einfamilienhäusern leben und für die Punk nur eine Freizeitattitüde ist - oder ein Geheimdienstauftrag. Der einzige Nonkonformist der Gruppe, mit meterlangen Rastazotteln, war auch wirtschaftlich weit unten, wohl arbeitslos, hatte angeblich kein Geld für den Flug und meinte, der Punk sei doch eigentlich schon seit 10-15 Jahren tot, habe in Deutschland eh nie die Verbreitung gehabt, wie im Ursprungsland Grossbritannien und er mache eigentlich nur noch aus Gewohnheit in der Band mit. Also diese deutschen Pseudo-Punks treffen in Indonesien auf eine riesige Szene von kreativen, gutgelaunten, System verweigernden echten Punks, für die der Punk nicht nur Musik und Mode, sondern eine Lebenseinstellung ist, die alle Bereiche durchdringt. Quasi eine Mischung aus dem was bei uns sichtbare Linke, Grüne, Ökos, Alt- und Neu-Hippies einerseits sind, als Attitüde einer Wohlstands-Elite, in welcher Systemkritik nur im Kopf stattfindet, und anderseits eine aggressive Kultur eher rechtsorientierter, tätowierter Rocker und Drop-Outs.
Im Film vermisst habe ich einen Überblick der Grenzfläche zwischen Punkszene und übriger Bevölkerung in Indonesien, sowie Diskussionen zwischen den deutschen „Punk-Musikern“ und ihren indonesischen Gastgebern über Gesellschaft, Politik, Religion und Globalisierung. Gezeigt wurden aber immer nur Begrüssungsszenen und Small-Talk auf deutscher Seite. Ich vermute, eigentlich wurde gezeigt, wie sich Geheimdienst-Abteilungen zweier Länder gegenseitig beschnuppern. Die wirtschaftlich erfolgreiche Verfassung Deutschlands wird wohl auf dem ganzen Globus verteidigt. Und wo in einem Land kann ein fremder Geheimdienst wahrscheinlich am ehesten Zuträger und Informanten für sich gewinnen? Wahrscheinlich unter Systemkritikern und den Unterprivilegierten des Landes.