Wegen der Jagd auf einen 19Jährigen wurde eine ganze Stadt unter Quarantäne gestellt, die Leute durften ihre Häuser nicht verlassen und nur Polizisten in ihre Wohnungen lassen (prima, dann kann die Polizei ohne Zeugen agieren). Der öffentliche Verkehr kam zum Erliegen. Nachdem der Verdächtige schwer verletzt gefasst wurde, strömt die Bevölkerung aus ihren Wohnungen und bricht in kollektiven Freudentaumel aus, wie Rinder die beim Frühjahrstrieb aus ihrem Stall gelassen werden auf der grünen Wiese Freudensprünge vollführen, der bei der Bostoner Bevölkerung in Dankbarkeit für die Polizei gipfelt, die den Stall erst geschlossen und dann geöffnet, bzw die Ausgangssperre wieder aufgehoben hat.
Schon am Freitag trat bei der BBC eine Zeugin auf, die erzählte - wenn ich alles richtig verstanden habe - sie habe gesehen, wie der ältere verdächtige Bruder sich ergeben habe [keine Munition mehr?] und sich auf Anweisung der Polizei auf den Boden legen musste, dann habe ein Polizeioffizier sie aufgefordert, den Ort des Geschehens zu verlassen, was sie aucht tat, worauf sie kurz danach Schüsse gehört habe und bekanntlich sei der ältere der beiden Verdächtigen tot.
Am Samstag kursierte dann in den meisten übrigen TV-Sendern die Story, der jüngere Bruder habe mit einem Auto seinen älteren Bruder überfahren.
In einem RT-Telefon-Interview sagt die Mutter der beiden Brüder, ihre Söhne, oder einer der Beiden, stehe seit Jahren unter der Kontrolle des FBI. Kein anderer Sender bringt lange Zeit diese wichtige Meldung.
Während der Menschenjagd auf die beiden Verdächtigen (auch die BBC nennt es "manhunt") sieht und hört man ständig irgendwelche Polizisten vor TV-Kameras und Mikrofonen Statements abgeben. Irgendwann stelle ich mir vor, was wäre, wenn die beiden Gejagten vielleicht gar nicht die Bombenleger sind, sondern flüchten aus Angst, wegen anderer Delikte belangt oder nur auf Verdacht erschossen zu werden, aber wie könnten sie sich der Öffentlichkeit mitteilen? Will die überhaupt etwas von den Verdächtigen während ihrer Flucht hören? Die Flüchtigen haben eigentlich keine Möglichkeit, irgend ein öffentliches Statement abzugeben.
Ausgehend von meiner Unterstellung, die Brüder waren vermutlich Marionetten geheimdienstlicher Strippenzieher, die Frage welcher der beiden Brüder der von aussen Manipulierte gewesen sein könnte, muss man wohl so beantworten, dass dafür eigentlich nur der Ältere in Frage kommt, der dann den Jüngeren beeinflusst und mitgezogen hat - nicht umgekehrt. Also ist der ältere der beiden Brüder auch jener, dessen Aussagen im Falle einer Verhaftung gefährlich für mögliche geheimdienstliche Anstifter und Strippenzieher geworden wäre. Aber er ist nun tot - nicht selbst erschossen, obwohl angeblich bewaffnet und die Todesstrafe erwartend, sondern von Polizei.
Früher wollte man Verdächtige unbedingt lebend fassen, um aus ihnen möglichst viel Informationen zu bekommen, über Hintermänner und Planung, heute erschiesst man viele Verdächtige - vielleicht um zu vermeiden, dass deren Wissen an die Öffentlichkeit gelangen könnte.
Auf allen Kanälen, auch in der BBC-PolitTalk-Sendung DateLine London werden unglaublich viele reaktionäre Vorurteile verbreitet, ein Menge Unsinn erzählt.
Insgesamt bricht durch die TV-Kanäle eine ungeheure Wucht bürgerlich-saturierter, selbstgefälliger, bornierter Verlogenheit, dass einem Angst und Bange wird. Die Medienmeute giert ebenso rücksichtslos nach Opfern und Sündenböcken, wie die Bevölkerung und die sog. "Sicherheitsorgane".
Der Sender CNN entpuppt sich bei seiner Berichterstattung über die Ereignisse in Boston als ähnlich verlogen, manipulativ, schäbig, reisserisch, wie die BILD in ihren schlimmsten Zeiten. Mein bislang noch überwiegend positiver Eindruck von dem Sender stürzt wie ein Kartenhaus ein. Mir scheint, CNN und viele andere Sender - auch die deutschen - berichten nur dann gut und neutral, wenn es um Nichts geht, also beispielsweise beim Wetterbericht. Jedoch wenn es um polizeiliche und militärische Belange geht, wird gelogen und manipuliert, dass sich die Balken biegen (das erste Opfer eines Krieges ist die Wahrheit, und gilt offenbar auch für den Krieg der Polizei). Aber was habe ich denn im Falle von CNN erwartet; es ist ein Privat- bzw Kommerzsender.