Mittwoch, 12. Mai 2021

Einseitige bis demagogische Doku gestern auf Arte.tv über den Arabischen Frühling

Ein Film der ausgiebig die Rolle der Muslimbrüder negativ darstellt und den Sender Al Jazeera quasi als Propaganda-Organ der Muslimbrüder hervorhebt, aber vollständig schweigt zur Rolle der USA im Arabischen Frühling, der disqualifiziert sich in meinen Augen als seriöse Doku. Nur das wenige was ich zur Rolle der USA weiß, reicht schon, wenn man das unterschlägt.

Etwa dass die USA zu (40-60%?) schon seit Mubaraks Zeit das ägyptische Militär mitfinanzieren und damit erheblichen Einfluss auf dessen Verhalten haben dürften, zumal vermutlich auch die Ausbildung hochrangiger ägyptischer Militärs in den USA stattfindet. Des weiteren verschweigt der Film, dass der dann Ägyptischer Präsident gewordene Kandidat der Muslimbrüder, Mursi, kurz zuvor aus den USA kam, wo er studiert hatte. Man darf wohl davon ausgehen, dass die US-Geheimdienste ihn in den USA ausgiebig überwacht und ausgeforscht und für unbedenklich eingestuft hatten, andernfalls hätten sie Mursi wohl nicht ungehindert nach Ägypten und an die Macht gelangen lassen - es sei denn sie hatten andere Pläne und wollten zuvor noch die bislang verbotenen Muslimbrüder zum Outing verlocken. 

Man kann ja Dinge unterschiedlich bewerten und interpretieren, aber diese US-Bezüge der Protagonisten in Ägypten dem Publikum komplett zu verschweigen, während man die Gegner ausgiebig beschreibt, ist manipulativ, unsachlich, Propaganda.                                Dazu gehört auch eine ebenfalls unerwähnt gebliebene Episode des Ägyptischen Frühlings. Während der Wochen langen Demonstrationen auf dem Tahir-Platz, um Mubarak zum Rücktritt zu bewegen, gab es gelegentliche Statements und mindestens ein CNN-Interview mit dem durchaus nicht unsymphatisch und aufgeschlossen wirkenden Geheimdienstchef. Kurzzeitig erklärte dieser seine Bereitschaft zur Kandidatur für eine Präsidentschaft nach Mubaraks Rücktritt. Aber kaum war Mubarak zurück getreten, reiste der Geheimdienstchef in die USA und er wirkte dabei sehr unglücklich. Kurz darauf war er tot - angeblich während einer dringenden Krankenhausbehandlung an einer Krankheit gestorben. Also die USA haben nicht nur mit ihrer Twitter- und Facebook-Präsenz erheblichen Anteil am Arabischen Frühling (noch nichtmal erwähnt Obamas Kairo-Rede kurz nach seinem Amtsantritt und kurz vor dem Arabischen Frühling). Diese US-Anteile komplett dem Publikum zu unterschlagen macht den Film meiner Ansicht nach zu einer verfilmten PR der USA. (Muss auch ich jetzt in die USA reisen, angeblich zur Krankenhausbehandlung wegen schwerer Krankheit - obwohl ich kein Geheimdienstler bin, aber offenbar dennoch zuviel weiß?)